Wie sah der Alltag im Camp de Gurs aus?
Der in Gurs internierte Arzt Dr. Ludwig Mann beschrieb die Zustände im Lager wie folgt:
„Die Baracken waren kalt, feucht, zugig und schmutzig, die Strohsäcke lagen auf den schiefen Bretterböden, schlecht gefüllt mit muffigem Stroh. Es gab Wanzen und Läuse, Ratten und Flöhe; aber kein Essgeschirr und kein Trinkgefäß. Alles Gepäck, die 20 kg, die pro Person erlaubt waren, war von den Gepäckcamions auf die Lagerstraße geworfen worden und lag in wüstem Durcheinander in Dreck und Regen. Nur kleine Dinge hatte jeder bei sich, vielleicht einen Becher, ein Messer, mit denen sich mehrere behelfen mussten. Wir waren vollkommen benommen vom Schock der plötzlichen Deportation aus der Heimat, die trotz der Erbarmungslosigkeit des Hitlertums eben doch die Heimat war, in der wir aufgewachsen waren und viele Generationen vor uns ihr Leben verbracht hatten. Viele begriffen immer noch nicht, was mit ihnen geschehen war. Man saß auf den Strohsäcken herum, hinaus konnte man nicht. Es regnete und regnete. Der Boden war verschlammt, man rutschte aus und sank ein. Die Gräben waren verstopft und das Wasser lief über (…)“
Zitiert nach: Kasser, Elsbeth, 1993: Mein Leben im Lager Gurs, in: Bullinger, Thomas (Hrsg.): Gurs: ein Internierungslager in Südfrankreich 1939-1943, Hamburg, S. 10-11, S. 10.
Die nach Gurs deportierte Sankt Wendlerin Erna Berl schrieb am 26. März 1942 in einem Brief an ihren Sohn Fritz:
„Was soll ich Euch von mir erzählen, Du, lieber Fritzel, möchtest gerne wissen, wie es so hier ist. Ja, mein liebes Kind, es würde zu weit führen, diesen Lebenslauf zu schildern. Ich bin manche Tage der Verzweiflung nahe, und wenn es nicht einige liebe Menschen geben würde, dann wäre es mir schon sehr schlecht gegangen. Jetzt bin ich zwei Monate dem Secours-National zugeteilt, da bekomme ich Nachmittag um 5 Uhr eine Suppe, Erbsenbrei, etwas Marmelade und ein Stück Ceks. Die Karte läuft bis 25. April. Ich bin glücklich damit, da ich nur noch 82 Pfund wiege. Das sagt Euch, meine Lieben, Alles.“