schematische Darstellung einer demonstrierenden Menschenmenge mit Fahnen

Stellungnahme des Adolf-Bender-Zentrums zu den St. Wendeler Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen

Das Adolf-Bender-Zentrum e.V., als St. Wendeler Träger der Kinder- und Jugendhilfe und zivilgesellschaftlicher, gemeinnütziger Verein in den Themenschwerpunkten Demokratie- und Menschenrechtsbildung, beobachtet seit knapp zwei Monaten die Geschehnisse und Entwicklungen um die Demonstrationen/Kundgebungen in St. Wendel gegen die Corona-Maßnahmen. 

Was von den Veranstalter*innen stets als Demonstration für die Meinungsfreiheit ohne politische Extreme deklariert wird, entwickelte sich in den letzten Wochen zu einer Veranstaltung mit einer bunten Mischung aus Redner*innen verschiedenster Kontexte. So ergreifen auf dem St. Wendeler Schlossplatz neben Heilpraktiker*innen oder ehemaligen Schulleiter*innen auch Doktoren der Medizin, Diplompsycholog*innen, Esoteriker*innen, Anthroposoph*innen und Unternehmer*innen das Mikrofon. Während von der Krise betroffene, selbstständige Unternehmer*innen ihre Situation schildern, die Maßnahmen kritisch betrachten und ihre Situation darstellen, ist zunehmend zu beobachten, dass Einzelpersonen diese Veranstaltungen nutzen, um krude Verschwörungserzählungen auf die Bühne zu bringen. 

Was diese Erzählungen meist gemeinsam haben, ist die Idee, dass die Corona- Maßnahmen Teil einer größeren elitären Verschwörung darstellen und dazu dienen würden die Schwachen zu unterdrücken. Zudem befände sich Deutschland auf dem Weg in einen Totalitarismus und die Regierung würde dabei von der Presse unterstützt. Antisemitische Narrative finden hier ebenso ihren Raum, wie rassistische Äußerungen, die von einem bis zu 150 Personen starken Publikum beklatscht werden. Von den angeblich „unpolitischen Veranstalter*innen werden solche Beiträge weder beendet, noch kommentiert. Im Gegenteil: Der moderierende Veranstalter applaudiert begeistert und bedankt sich für Reden dieser Art. 

Das Adolf-Bender-Zentrum steht für ein demokratisches Miteinander, in dem es richtig und wichtig ist zu diskutieren und Kritik zu äußern. Eine Demokratie muss streitbar sein und bleiben, denn nur so kann sie sich stetig entwickeln und Menschen die Teilhabe garantieren.

Wenn jedoch auf politischen Veranstaltungen, wie den Demonstrationen oder Kundgebungen in St. Wendel krude Erzählungen als Fakten präsentiert, Menschengruppen diffamiert, beleidigt und diskriminiert werden und Seite an Seite mit Antisemit*innen und Rassist*innen demonstriert wird, dann sind demokratische Werte in Gefahr. Zudem zeigen die rechtsextremen Anschläge von Halle und Hanau, dass Verschwörungserzählungen eben nicht harmlos sind, sondern durchaus tödlich sein können.

Spätestens da, wo Demokratiefeind*innen auf den Veranstaltungen geduldet werden oder gar Redebeiträge beisteuern unter dem Deckmantel der Demokratie und Meinungsfreiheit, werden Grenzen einer pluralistischen Gesellschaft überschritten. 

Denn all dies passieren zu lassen ist keine Meinungsfreiheit, sondern eine Gefahr für die Menschen in diesem Lande sowie unsere Demokratie.