Erste Hilfe bei rassistischen Übergriffen

Rassismus findet täglich statt. Latent bis gewalttätig – rassistische Übergriffe bedeuten für Betroffene Gefahren, mit denen in den meisten Situationen schwer umzugehen ist. Hier bekommst du 10 Tipps an die Hand, wie man erste Hilfe leisten kann und sich richtig verhält.

Ein Text der Fachstelle gegen Rechtsextremismus

Im Alltag kann Rassismus überall passieren. Im Wartezimmer, auf der Straße, in der Bäckerei, im Sportverein, auf Konzertveranstaltungen, im Job – immer. Rassistische Angriffe sind unterschiedlich in ihrer Intensität. Rassismus hat viele Formen und reicht von beleidigenden Witzen und Äußerungen bis hin zu gewalttätigen Angriffen. Gefahrensituationen sind immer individuell zu betrachten und was in einem Moment so abläuft, kann in einem anderen ganz anders passieren. Während diese Anfeindungen und Übergriffe für viele Betroffene alltägliche, belastende Erlebnisse darstellen, sind Beobachter*innen oft ratlos, wie sie in diesen Momenten reagieren können.

Wir haben im Folgenden eine Handreichung mit 10 Tipps aufgestellt, wie du erste Hilfe für Betroffene leisten kannst, wenn du Zeuge oder Zeugin eines rassistischen Übergriffs wirst.

  1. Schau hin und tu‘ was
    Dein Bauchgefühl sagt dir das Richtige: Wenn du Beobachter*in eines rassistischen Übergriffs wirst, gilt es Solidarität mit den Betroffenen zu zeigen. Zögere nicht und werde aktiv: Sprich die betroffene Person an, erkundige dich nach ihrem Befinden und ob Du helfen kannst. Signalisiere so, dass du da bist. Betroffene bekommen so das Gefühl, dass sie nicht allein sind. Sie werden dir mitteilen, ob deine Unterstützung gewollt ist oder nicht.
  2. Unterstützung groß machen
    Fordere gegebenenfalls weitere Passant*innen gezielt auf, sich zu solidarisieren und stehen zu bleiben. Rede laut und bedacht. Verteile Aufgaben:
    Hallo! Sie auf dem Fahrrad! Bleiben Sie bitte stehen!“
    „Sie im roten T- Shirt, rufen Sie bitte die Gruppe auf der anderen Straßenseite hinzu!

    Bilde so eine größere Gruppe zur Unterstützung.
  3. 110
    Ein verbaler Konflikt kann gegebenenfalls schon durch deine Hilfe deeskaliert werden, während er aber im Extremfall auch in handgreifliche Aggressivität umschlagen kann. Rufe in Absprache mit dem/der Betroffenen in brenzligen Situationen die Polizei.
    Wenn ein rassistischer Angriff Gefahr für Leib und Leben des/der Betroffenen darstellt, kontaktiere über die Notrufnummer 110 (von jedem Mobilfunkgerät kostenfrei) die Polizei und schildere die Geschehnisse so genau wie möglich.
    Orientiere dich an den FÜNF Ws:
    Wer ruft an?

    Was passiert/ist passiert?
    Wo sind sie?
    Wie viele Betroffene/Täter?
    Warten auf Rückfragen.
    –> Volksverhetzung ist ebenso eine Straftat, wie psychische und körperliche Gewalt und sollte zur Anzeige gebracht werden.
  4. Kontakt zum/zur Betroffenen halten
    Unterhalte dich mit dem/der Betroffenen. Zeige, dass du die Situation erkannt hast.
    Die angegriffene Person könnte Angst haben und steht gegebenenfalls unter Schock. Sprich ruhig mit dem/der Betroffenen. Einfache Nachfragen können ausreichen, der betroffenen Person zu signalisieren, dass sie nicht alleine ist. Bleibe im weiteren Verlauf in ständigem Kontakt zu ihr.
  5. Intervention ohne Experimente
    Rufe einfache Aufforderungen in die angreifende Richtung.
    „Lassen sie das!“ – „Gehen sie weiter!“ – „Sofort aufhören!“
    Angreifende sind nicht durch Argumente abzuwehren. Vermeide direkten Augenkontakt, um Angreifende nicht aggressiver zu machen. So kannst du den/die Betroffene und dich selbst vor (weiterer) Gewalt schützen.
  6. Worte statt Taten
    Wende keine Gewalt oder gar Gegenstände als Waffe an und vermeide dringend Körperkontakt zu dem/der Täter*in.
    Sprich weiterhin überwiegend mit der betroffenen Person und beziehe weitere Passant*innen in euer Gespräch ein.
    Um eine weitere Eskalation zu vermeiden, ist es ratsam die Tat/das Verhalten und nicht die angreifende Person als Ganzes zu verurteilen. Auch wenn es schwer fallen sollte, trenne zwischen Handlung und Person.
  7. Aufmerksam Details sammeln
    Versuche dir in der Situation so viele Geschehnisse und Merkmale der Angreifenden wie möglich zu merken. Es hilft bei einer Anzeige Details über den Tathergang und die Person angeben zu können.
  8. Zu zweit bleibt man weniger allein
    Nach rassistischen Übergriffen stehen Betroffene nicht selten unter Schock. Lasse die Person jetzt nicht alleine. Erkundige dich danach, was sie in diesem Moment braucht, ob ihr gemeinsam Angehörige anrufen könnt, du sie ein Stück begleiten kannst oder sie mit dir gemeinsam einen Kaffee trinken will o.ä.. Es kann auch gut tun, das gemeinsam Erlebte miteinander zu besprechen.
    Werde hier ruhig kreativ und signalisiere so, dass du weiterhin da bist – ohne aufdringlich zu werden. Manche Menschen wollen auch alleine sein. Tausche Kontaktdaten aus, um im weiteren strafrechtlichen Verlauf in Verbindung stehen zu können.
  9. Augen und Mund auf
    Rassismus passiert leider überall – zu jeder Zeit. Verbal und körperlich. Halte die Augen auf und scheue dich nicht bei einem „gesellschaftlichen Unfall“ erste Hilfe zu leisten.
  10. Gut zu wissen
    Du hast Fragen oder wünschst weitere Unterstützung im Umgang mit Rassismus? Die Fachstelle gegen Rechtsextremismus im Adolf-Bender-Zentrum unterstützt dich gerne. Kontaktiere uns! Das Adolf- Bender- Zentrum berät dich im Umgang mit rassistischen und rechtsextremen Vorfällen. Von Diskriminierung, Rassismus und rechter Gewalt Betroffene finden Unterstützung bei der Kontaktstelle Opferberatung von Bounce Back (Tel. +49 681 302 71036; www.bounceback.de).

Für weitere Fragen rund um die Themen Menschenrechte und Demokratie steht dir das Adolf- Bender- Zentrum jederzeit gerne zur Verfügung.