Antisemitische Vorfälle im Saarland 2022
33 antisemitische Vorfälle hat RIAS Saarland im Jahr 2022 dokumentiert. Antisemitismus äußert sich dabei in zahlreichen Ausdrucks- und Erscheinungsformen und geht mit einer realen Gefährdung und Bedrohung der Betroffenen einher. Am Ende der Seite kann unser Monitoringbericht heruntergeladen werden.
Die häufigste dokumentierte Form von Antisemitismus im Saarland ist weiterhin der Post-Schoah-Antisemitismus. „Antisemitismus ist im Saarland ein alltägliches Problem, das jüdischen und nicht-jüdischen Menschen begegnet“, führt Petra Melchert, Mitarbeiterin von RIAS Saarland, aus. „Das deutet sich auch in den von uns dokumentierten Fällen an, wobei diese sicherlich nur einen Bruchteil der tatsächlichen Ereignisse abdecken. Deshalb ist es wichtig, dass Vorfälle öfter gemeldet werden und wir so ein realistischeres Bild bekommen.“
In 13 Fällen kam es zu Sachbeschädigungen, in sechs Fällen fanden diese an jüdischem Eigentum und an Gedenkstätten für jüdische Opfer der NS-Verbrechen statt. In Saarbrücken wurden das Mahnmal am Rabbiner-Rülf-Platz sowie die Infotafel am erst kurz zuvor eröffneten Denkmal für die saarländischen Opfer der Schoah („Band der Erinnerung“) direkt vor der Synagoge in Saarbrücken mehrmals beschädigt. In Wiebelskirchen wurde die Gedenktafel für den Holocaust-Überlebenden Alex Deutsch zweimal beschädigt, unter anderem durch eingeritzte Hakenkreuze.
Ein saarländischer Bundestagsabgeordneter und der Beauftragte für jüdisches Leben und Antisemitismus im Saarland erhielten antisemitische Zuschriften. Alarmierend waren besonders Vorfälle, in welchen Jüdinnen und Juden im Saarland unmittelbar eingeschüchtert und angefeindet wurden. Fälle dieser Art wurden RIAS Saarland sowohl im Jahr 2022 als auch im Jahr 2021 bekannt. In allen drei bisher dokumentierten Fällen wurden Minderjährige im Schulkontext von Klassenkamerad:innen eingeschüchtert. „Es ist eine untragbare gesellschaftliche Realität, dass Kinder und Jugendliche in der Schule Antisemitismus erleben“, ordnet Petra Melchert ein. „Das zeigt auch, dass Antisemitismus ein fester Bestandteil der Bildungsarbeit werden muss. Und das nicht erst in der 9. Klasse im Kontext der NS-Zeit. Wir müssen auch über den aktuellen Antisemitismus sprechen und auch schon mit jüngeren Schülerinnen und Schülern.“
Auch 2022 wurden zahlreiche antisemitische Fälle aus dem Querdenker-Milieu dokumentiert. Dabei wurden im Rahmen von Kundgebungen antisemitische Verschwörungserzählungen und Symboliken verbreitet, auf einer Anti-Abtreibungs-Kundgebung, die von Personen aus dem Querdenker-Milieu und der Piusbruderschaft geprägt war, wurden abgetriebene Föten mit den Opfern der Schoah verglichen. Auf einem Großflächenwahlplakat wurden neben einem Hakenkreuz die Worte „Ungeimpft = Jude“ angebracht wurden, in einem anderen Fall wurde auf einen Brückenpfeiler ein Davidstern mit den Worten „Covid Lüge Massenmord“ geschmiert.
Die Meldestelle RIAS Saarland (Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus) existiert seit 2021. Sie dokumentiert antisemitische Vorfälle im Saarland anhand bundesweit festgelegter Kriterien. Antisemitische Vorfälle können über die Plattform report-antisemitism.de oder direkt per E-Mail an rias.saarland@adolf-bender.de oder telefonisch unter (06851) 80 82 79-1 gemeldet werden.
Der vollständige Monitoringbericht kann hier heruntergeladen werden: