80 Jahre „Wagner-Bürckel-Aktion“
Ein Text von Celina Grasse
Am 22. Oktober 2020 jährt sich zum 80. Mal die sogenannte „Wagner-Bürckel-Aktion“, bei der über 6500 jüdische Mitbürger_innen aus den ehemaligen Gauen Baden und der Saarpfalz in das französische Lager „Gurs“ deportiert wurden.
Das Internierungslager Gurs, gelegen am Rande der Pyrenäen, wurde 1939 für politische Flüchtlinge aus Spanien und ehemaligen Kämpfer des spanischen Bürgerkrieges errichtet. Im Frühjahr 1940 hatte die französische Vichy-Regierung mehrere tausend nach Frankreich emigrierter österreichischer und deutscher Juden interniert, die als „feindliche Ausländer“ angesehen wurden. Das Internierungslager Gurs war für viele nur eine Zwischenstation in die Vernichtungslager im Osten.
Die „Wagner-Bürckel-Aktion“ war eine systematische und akribische geplante und durchgeführte Aktion des badischen Gauleiters Robert Wagner und des saarpfälzischen Gauleiters Joseph Bürckel. Am 23. Oktober meldete Wagner nach Berlin, sein Gau sei als erster Gau des Reiches „judenrein“.
Am frühen Morgen des 22. Okt. 1940 wurden alle „transportfähigen Volljuden“ in ihren Wohnungen festgenommen und zu den Sammelstellen gebracht. Sie durften nur das nötigste mitnehmen: 1 Koffer, 1 Wolldecke, etwas Verpflegung, Ess- und Trinkgeschirr und bis zu 100 Reichsmark. Aus dem Saargebiet wurden insgesamt 134 Personen deportiert, davon stammten 8 aus dem heutigen St. Wendler Landkreis. Aus St. Wendel: Erna Berl (Transport No. 17) und Alice, Eduard und Tochter Else Reinheimer (Transport No. 31). Aus Tholey: das Ehepaar Jakob und Johanna Lion sowie das Ehepaar Moses und Berta Isak.
Die Gurs-Deportationen bedeuteten das Ende der jüdischen Gemeinden in der Saarregion, der Pfalz und Baden. Seit 1933 haben tausende jüdische Mitbürger ihre Heimat verlassen. Sie sind in größere Städte geflüchtet oder ins Ausland emigriert. Viele Internierte starben in den ersten Tagen, Wochen und Monaten auf Grund der katastrophalen Lebensbedingungen, zahlreiche Andere wurde in die Lager im Osten verlegt und fanden dort den Tod. Nur einige wenige konnten fliehen und emigrierten oder überlebten versteckt in Südfrankreich.
Im Rahmen ihrer am 9. September 2019 unterzeichneten Ländervereinbarung zum „Gedenken an die nach Frankreich deportierten Juden aus dem ehemaligen Baden und der ehemaligen Saarpfalz“ haben die Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland beschlossen, bei der Weiterentwicklung der Gedenkstätten und Erinnerungsarbeit intensiver zusammenzuarbeiten. Die Bildungs- und Gedenkstätte „Haus der Wannseekonferenz“ wurde damit beauftragt, anlässlich des anstehenden 80. Jahrestages der Deportationen eine Ausstellung zu entwerfen. Diese stellt die Hintergründe und den Verlauf der Deportationen sowie die Schicksale der Opfer, den Alltag im Lager und die Geschichte nach 1945 dar. Die mobile Ausstellung wird im Frühjahr fertiggestellt und kann ausgeliehen werden.
#GURS1940